Qualifikationen

Dem Institut ist die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein besonderes Anliegen. Die Direktoren betreuen daher zahlreiche Qualifikationsarbeiten zu unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Im Folgenden werden die Promotions- und Habilitationsvorhaben vorgestellt, die von den Direktoren des Instituts in den vergangegen Jahren betreut wurden.

Laufende Qualifikationsarbeiten

Dissertationen

  • Johannes Backhaus: Bürgerbewusstsein in Kambodscha - Zur politikdidaktischen Rekonstruktion von Bildungsmaßnahmen zur Förderung des Bürgerengagements

    Promovend:
    Johannes Backhaus

    Thema:
    Bürgerbewusstsein in Kambodscha – Zur politikdidaktischen Rekonstruktion von Bildungsmaßnahmen zur Förderung des Bürgerengagements
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    The PhD research project – to be submitted to the Leibniz University of Hannover, Institute for Political Education - looks at the citizen awareness of Cambodians. Using qualitative interviews and questionnaires, the study will contribute to the understanding of how Cambodians perceive themselves as citizens. For now, research on this topic in Cambodia has mainly focused on the political culture of the country as well as on its political system. By doing so, the PhD project contributes to the further improvement of citizen engagement programs as well as to the scientific understanding of Cambodian citizens in general.

    Since 2016, World Vision Cambodia and Safe the Children (in collaboration with other local non-governmental organisations (NGOs)) are implementing a citizen engagement program aiming at the improvement of local service delivery with regards to mainly health and education services. This project is funded by the World Bank Group and the European Union. The project applies a commonly used approach to citizen engagement in which the participants are (1) informed about their rights and entitlements, (2) supported in scoring the current level/quality of service delivery and thus, concluding necessary improvements, and (3) supported in participating in a dialogue process with decision makers. The proposed research project will interview participants of this project with regards to their self-perception as citizens.

    For the data collection, the proposed research project will adapt the methodology of learning progressions (Didaktische Rekonstruktion) in the context of a non-western country and a non-school-based learning intervention. Following the concept original structure, the research study will clarify the project’s inherent expectations of citizenship/citizen engagement. In a second step, the research will conduct in-depth, semi-structured interviews with several participants. Using the concept of citizen awareness and its different dimensions (Lange 2008), statements of the interview partners will be analysed. During the final step, the proposed PhD project will bring the expectations and the self-perception in relation to another pointing out differences and similarities.

    Based on its finding, the PhD thesis will draw conclusions for further research as well as recommendations for the design of future citizen engagement interventions.

    The preparatory work for this research was finished in December 2017/January 2018. The data collection took place in February and March 2018 and a first complete draft was completed in December 2018. It is assumed that the final version of the PhD Thesis will be submitted to the Leibniz University of Hannover in 2019. Since July 2018, Johannes Backhaus receives a scholarship from the Hans-Böckler Foundation.

     

  • Jessica Burmester: Europäisierung der NS-Gedenkstättenpädagogik in Deutschland?

    Promovendin:
    Jessica Burmester

    Thema:
    Europäisierung der NS-Gedenkstättenpädagogik in Deutschland?
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Schon seit einiger Zeit lassen sich geschichtspolitische Versuche der Europäischen Union erkennen, eine gemeinsame europäische Erinnerung zu schaffen und damit die kulturelle europäische Integration voranzutreiben. Diese Aktivitäten haben auch Auswirkungen auf den Bildungssektor. Zwar kann die EU nicht direkt die schulische und außerschulische Bildung der Mitgliedsländer normieren, doch mittelbar kann die EU mithilfe von Steuerungsinstrumenten Einfluss nehmen und auf eine Angleichung der nationalen Narrative und damit verbundenen didaktischen Konzepte in den Mitgliedstaaten hinwirken. Die Arbeit stellt die Frage, welchen Einfluss die EU auf die außerschulische historisch-politische Bildungsarbeit, konkreter auf die NS-Gedenkstättenpädagogik, in Deutschland hat und wie sich die historischpolitische Bildung in KZ-Gedenkstätten nach dem Paradigmenwechsel auf EU-Ebene im Jahr 2005 verändert hat. Theoretische Grundlage bilden Governance- und Rekontextualisierungsansätze. Für die Untersuchung an ausgewählten KZ-Gedenkstätten in Deutschland werden die von der Gedenkstätte selbst oder in Kooperation mit nationalen oder internationalen Partnern entwickelten Bildungsmaterialien herangezogen, die sowohl für externe MultiplikatorInnen und Lernende als auch für interne MultiplikatorInnen und Lernende angeboten werden. Zusätzlich werden Experteninterviews mit verantwortlichen Gedenkstättenpädagog*innen geführt werden und mit qualitativen Inhaltsanalyse nach Gläser / Laudel (2009) ausgewertet.

  • Dominik Dockter: Im Gesamtinteresse der Wirtschaft? Die Industrie- und Handelskammer Hannover 1932 bis 1953

    Promovend:

    Dominik Dockter

    Thema:

    Im Gesamtinteresse der Wirtschaft? Die Industrie- und Handelskammer Hannover 1932 bis 1953

    Erstgutachter: Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann
    Zweitgutachterin: Prof. Dr. Cornelia Rauh 

    Kurzdarstellung:

    Im Gesamtinteresse der Unternehmen des Kammerbezirks zu handeln, war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die zäsurübergreifende juristisch festgehaltene Zweckbestimmung der IHK Hannover. Nur wer entscheidet wie, was wann das vermeintliche Gesamtinteresse ist? Die IHK Hannover definierte das in der Weimarer Republik, im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit äußerst unterschiedlich: Lag im Chaos nach der Weltwirtschaftskrise vor allem die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Stabilität im Gesamtinteresse, gehörte in der NS-Zeit der diktatorische Umbau sowie die „Arisierung“ des Kammergebiets und die Kriegsvorbereitung dazu. Nach dem „Zusammenbruch“ des „Dritten Reiches“ wurde wiederrum der demokratische „Wiederaufbau“ unter der Wahrung größtmöglicher personeller und struktureller Kontinuitäten angestrebt. In meiner Dissertation untersuche ich die Transformationsgeschichte der IHK Hannover zwischen Demokratie und Diktatur, gewinne dadurch neue Erkenntnisse über die Bedingungen des wirtschaftspolitischen Handelns von Unternehmerverbänden im regionalen Raum und arbeite erstmals die Geschichte der Industrie- und Handelskammer Hannover im Nationalsozialismus auf.

  • Martin Estler: Das sozioökonomische Bürgerbewusstsein von Berufsschülerinnen und Berufsschülern

    Promovend:
    Martin Estler

    Thema:
    Das sozioökonomische Bürgerbewusstsein von Berufsschülerinnen und Berufsschülern
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Sozioökonomische Bildung steht für die Diskussion, wie politisch-ökonomische Bildung einer ganzheitlichen, disziplinübergreifenden, reflexiv-kritischen Ausrichtung folgen kann. Eine solche Bildung zielt vor allem auf eine Mitbestimmungs- und Gestaltungsfähigkeit der Lebenswelt Wirtschaft. Der Übergang in die duale Berufsausbildung stellt für viele Schüler und Schülerinnen eine intensive Veränderung ihrer (wirtschaftlichen) Lebenswelt dar. Hier setzt das Promotionsvorhaben an.

    Subjektive Vorstellungen der Auszubildenden zu den Interdependenzen zwischen Politik und Wirtschaft sowie die sich daraus ergebenen Implikationen für die gesellschaftliche Ordnung sollen durch qualitative Interviews erfasst werden. Hieraus lassen sich didaktische Gestaltungsoptionen ableiten, die einen Beitrag dazu leisten, in der berufsbildenden Politikdidaktik eine machtkritische und auf Mündigkeit basierende Bürgerschaft zu evozieren.

     

     

  • Elizaveta Firsova: Wirkung des deutsch-israelischen Schüler*innenaustausches auf den Erwerb von Wissen bezüglich des Nahostkonflikts und Abbau von Vorurteilen gegenüber der Fremdgruppe bei Schüler*innen

    Promovendin:
    Elizaveta Firsova

    Thema:
    Wirkung des deutsch-israelischen Schüler*innenaustausches auf den Erwerb von Wissen bezüglich des Nahostkonflkts und Abbau von Vorurteilen gegenüber der Fremdgruppe bei Schüler*innen (Arbeitstitel)
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Ziel der Qualifikationsarbeit ist es, die Wirkung des deutsch-israelischen Schüler*innenaustausches im Hinblick auf den Wissensstand, die historisch-politischen Konzepte des Nahostkonflikts und der deutsch-israelischen Geschichte sowie mögliche Vorurteile der teilnehmenden Schüler*innen zu untersuchen. Die Wirkung des Schüler*innenaustausches auf diese Aspekte soll dabei anhand der unterschiedlichen Elemente des Austausches, beispielsweise der Kontakt zu israelischen Schüler*innen, Aktivitäten wie der Besuch geschichtsrelevanter Bildungsstätten sowie Diskussionen zum Nahostkonflikt, evaluiert und das Potential zum Abbau möglicher Vorurteile gegenüber dem Judentum überprüft werden. Methodisch soll die Untersuchung mithilfe eines Pre-Post-Vergleichsgruppendesigns für Schüler*innenaustauschgruppen in Berlin, Brandenburg und Niedersachsen für eine Stichprobe von ca. N=150 Schüler*innen in Treatment- und Vergleichsgruppe durchgeführt werden.

  • Florian Fischer: Vorstellungen von Lehramtsstudierenden über Globalisierung

    Promovend:
    Florian Fischer

    Thema:
    Vorstellungen von Lehramtsstudierenden über Globalisierung
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Gegenstand der Dissertation sind Vorstellungen angehender Lehrkräfte über Globalisierung. Leitend ist dabei die Frage nach den subjektiven Zugängen, welche dem jeweiligen Verständnis von Globalisierung zu Grunde liegen.

    Der Begriff Globalisierung ist ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses und erfasst vielfältige soziale, politische und ökonomischer Phänomene und Prozesse und ist somit auch ein Begriff von zentraler Relevanz für die politisch-ökonomische Bildung. Er verfügt in seiner definitorischen Weitläufigkeit und Unschärfe allerdings auch über ein bestimmtes Vereinnahmungs- bzw. Ideologiepotential für gewisse gesellschaftliche Interessensgruppen. Deren oftmals einseitiges Anliegen fließt sowohl im Alltagsdiskurs als auch innerhalb des Unterrichts zum Teil recht unreflektiert mit ein. Bei der Nutzung und Vermittlung des Begriffes ist daher ein ausreichendes Maß an Reflexivität und Multiperspektivität erforderlich, um ein grundlegendes Paradigma der politisch-ökonomischen Bildung wie das der Kontroversität nicht zu gefährden und ein für das politisch-ökonomische Lernfeld gewinnbringendes Begriffsverständnis von Globalisierung zu entwickeln. Mit der Untersuchung der vermittelnden Akteursebene der zukünftigen Lehrkräfte will die Untersuchung einen Beitrag in diesem Spannungsfeld leisten und Hinweise für eine entsprechende universitäre Bildungsarbeit geben.

  • Sara Alfia Greco: Jugendliche aus dem Straßenkulturmilieu und ihr Verständnis von Gesellschaft und Politik. Eine ethnographische Untersuchung mit Implikationen für die Politische Bildung

    Promovendin:
    Sara Alfia Greco

    Thema:
    Jugendliche aus dem Straßenkulturmilieu und ihr Verständnis von Gesellschaft und Politik. Eine ethnographische Untersuchung mit Implikationen für die Politische Bildung
    Erstbetreuer: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Im Rahmen einer mehrjährigen ethnographischen Feldstudie wurden männliche Jugendliche und junge Erwachsene aus dem sogenannten Straßenkulturmilieu begleitet und deren Lebenswelt sowie Vorstellungen und Konzepte zu Gesellschaft und Politik erhoben. Neben Prozessen der Identitätsbildung, Raumaneignung und informellen Ökonomie wurde sich hierbei mit dem Habitus-Konzept der „Straßenkultur“ auseinandergesetzt. In der sozialwissenschaftlichen Forschung wird dies als „Street Culture“ (Ilan, Zdun), „Code of the Street“ (Anderson) oder „Street Capital“ (Sandberg) diskutiert. Weiterhin werden in der Forschungsstudie die Übernahme und Rezeption des Habitus-Konzeptes in jugendkulturellen Szenen und die Nutzung und Vermarktung durch Medien und kommerzielle Anbieter dargestellt, sowie die öffentliche Konstruktion von Straßenkultur als Bedrohungsszenario reflektiert. Dies beinhaltet zudem die Analyse bestehender Bildungskonzepte zur pädagogischen Intervention und Prävention straßenkulturellen Verhaltens von Jugendlichen (vgl. Kaldenbach, 2016/ van Strijen, 2012). Ein Schwerpunkt der Erkenntnisse liegt u.a. auf der Stärkung informeller Bildungsprozesse und der Konzeptionalisierung einer sozialraumorientierten Politischen Bildung.

  • Jenny Hagemann: Cultural Heritage abseits urbaner Räume. Hannoversches Wendland und Lausitz im Vergleich

    Promovendin:
    Jenny Hagemann, M.A.

    Thema:
    Cultural Heritage abseits urbaner Räume. Hannoversches Wendland und Lausitz im Vergleich
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    In der vergleichend angelegten Studie gilt es, die vielfältigen Formen von Cultural Heritage, dessen Inwertsetzung und Rolle in regionalen Identitäten zu analysieren. Wie wird Heritage als Ressource genutzt, um auf regionaler Ebene auf vielfältige historische und aktuelle Herausforderungen zu reagieren? Mit dem Hannoverschen Wendland und der Lausitz bieten sich hier zwei Regionen an, deren slawische Besiedelung im Zuge der Völkerwanderung unterschiedlichen Eingang in aktuelle Selbstverständnisse erhalten hat. Gleichzeitig lassen sich ehemalige DDR- und BRD-Gebiete miteinander vergleichen, die in Vergangenheit und Gegenwart mit den Auswirkungen von  Energie-Industrien – namentlich die Anti-Atombewegung im Hannoverschen Wendland und der Strukturwandel aufgrund von Braunkohle-Verstromung in der Lausitz – umgehen müssen. Beide stellen zudem Grenzregionen dar, deren Bevölkerung sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark verändert hat, sei es durch die Ansiedelung Kreativer und Kulturschaffender, die es im Rahmen der Gorlebenproteste ins Wendland zog und die heute die regionale Identität maßgeblich prägen oder durch den Zuzug von zahlreichen Kumpeln, die ihrerseits den Ausbau des Braunkohle-Tagebaus vorantrieben und damit auch sorbisch/wendische Minderheiten der Lausitz zu Umsiedelungen zwangen.

    Diese Menschen konstruieren und konstituieren ihre Kultur – und damit auch ihre kollektive Identität –, indem sie auf „ihre“ Geschichte „zurückgreifen“. Sie schaffen Zugehörigkeiten nach innen ebenso wie Abgrenzungen nach außen, indem sie dezidierte Inhalte des Vergangenen vergegenwärtigen. Dabei entstehen dynamische Prozesse, die nicht nur verschiedenste Akteure, sondern ebenso verschiedene Motive und Mechanismen umfassen. Um hierbei die oftmals ökonomischen, politischen und sozialen Interessen hinter der Inwertsetzung von Vergangenheit offenzulegen, eignet sich der Begriff des „Cultural Heritage“ im besonderen Maße. Entscheidend ist dabei, wie Eric Hobsbawm bereits betonte, die häufig konfliktreichen Gegenwartsbezüge der ausgewählten Artefakte sichtbar zu machen: Geschichte wird nur dann Heritage, wenn sie eine für die Gegenwart relevante Botschaft transportiert. Die Untersuchung dieser Prozesse gibt nicht nur Aufschluss über aktuelle Geschichtskonstruktionen, sondern auch über die Art und Weise, wie kollektive Identitäten gebildet und gefestigt werden. Insbesondere ländliche Regionen und ihre Identitäten stellen ein von der Forschung bislang weniger beachtetes Feld dar. Jedoch – so die hier zugrunde liegende These – besonders innerhalb dieser Räume lassen sich charakteristische Standortmerkmale beobachten, die spezifische, von „Urban Heritage“ zu unterscheidende Mechanismen des „Heritage-Making“ begünstigen. Die Studie widmet sich explizit dieser Art von „Rural Heritage“, indem sie sowohl die Standortmerkmale und Mechanismen, als auch entsprechende Akteure und Motive herausarbeitet und analysiert.

  • Richard Heise: Die politische Dimension digitaler Medienkompetenz als Herausforderung für politische Bildung. Eine Erhebung von Schüler*innenvorstellungen zum Begriff "Fake News"

    Promovend:
    Richard Heise

    Thema:
    Die politische Dimension digitaler Medienkompetenz als Herausforderung für politische Bildung. Eine Erhebung von Schüler*innenvorstellungen zum Begriff "Fake News" (Arbeitstitel)
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Ziel der Arbeit ist es, Impulse für die Entwicklung didaktischer Konzepte der politischen Bildung zu liefern, die dazu geeignet sind, die politische Dimension digitaler Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern zu stärken. Im Fokus steht die Fähigkeit, auf politische Informationen aus digitalen Quellen kompetent zuzugreifen, diese zu verarbeiten und einzuordnen. Neben instrumentellen Fähigkeiten, die in erster Linie mediale und technische Aspekte umfassen, besteht aus der Perspektive der politischen Bildung der dringende Bedarf, auch kritisch-reflexive Fähigkeiten zur politischen Orientierung in der digitalen Sphäre zu fördern. Da junge Menschen verstärkt als Zielgruppe von „Fake News“ auszumachen sind, also Informationen mit falschen oder missverständlichen Inhalten, ist dies notwendig, um dahinterliegende politische Motive mit diskriminierender oder indoktrinierender Natur aufzudecken. Angesichts der dynamischen und vielfältigen Medienlandschaft des digitalen Zeitalters stellt die Erfassung des medialen Konsums politischer Informationen junger Menschen eine wesentliche Herausforderung für die Erarbeitung passender didaktischer Konzepte dar. Die Erhebung von Vorstellungen zum Begriff „Fake News“ soll daher dazu dienen, diesen komplexen Begriff aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler zu erfassen um darauf aufbauend Ansatzpunkte für die oben beschriebenen didaktischen Konzepte zu erarbeiten.

  • Steve Kenner: Politische Aktion als Lernprozess

    Promovend:
    Steve Kenner

    Thema:
    Politische Aktion als Lernprozess
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:

    Ziel der Forschungsarbeit ist die Rekonstruktion des politischen Lernprozesses von Kindern und Jugendlichen, die sich im schulischen oder außerschulischen Kontext selbstbestimmt und selbstorganisiert politisch engagieren.

    In einer ersten Voruntersuchung wurden dafür Interviews mit Jugendlichen einer Berliner Schule geführt, die sich in einer Antirassismus-AG organisieren und am Refugee Schul- und Unistreik partizipieren. In der Hauptuntersuchung wurde in einer ersten Phase auf Grundlage ethnographischer Zugänge das Sampling festgelegt. Mehr als 100 Plenumssitzungen von Jugendbewegungen wurden dafür besucht und unzählige Gespräche geführt.

    Anschließend wurden 17 leitfadengestützte Interviews in ganz Deutschland realisiert. Dabei wurden Kinder und Jugendliche aus urbanen und ländlichen Räumen, mit und ohne Migrationsbiographien und verschiedener Schultypen befragt. Über diese Interviews soll ein Zugang geschaffen werden zum subjektiven Bedeutungsempfinden der Befragten bezüglich politischer Bildung und ihres individuellen Lernprozesses. Die narrativen Elemente aus den Erfahrungsberichten dienen demnach der Beantwortung der explorativen Fragestellung, inwiefern politische Aktion einen mittelbaren oder unmittelbaren Einfluss auf politische Lernprozesse hat. Die Interviews wurden vollständig transkribiert und werden derzeit im Verfahren der Qualitative Inhaltsanalyse ausgewertet. Das Codierverfahren ist dabei deduktiv vor allem von den Kriterien politischen Lernens, wie Orientierungs- und Analysefähigkeit, Urteil- und Handlungskompetenz, geprägt, die in der Politikdidaktik in den letzten Jahrzehnten diskutiert wurden.

    Die Befragten fungieren darüber hinaus auch als Expertinnen und Experten, indem sie aus ihrem Erfahrungsschatz Stärken und Schwächen der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung rekonstruieren. Die Interviews werden hauptsächlich mittels qualitativer Inhaltsanalyse, aber vereinzelt auch durch die Agency-Analyse ausgewertet. Ziel der abschließenden Interpretation der Ergebnisse ist es, Erkenntnisse und Anregungen abzuleiten, die Rückschlüsse auf politische Lernprozesse in der politischen Aktion schließen lassen.

  • Malte Kleinschmidt: Dekoloniale politische Bildung - Eine empirische Untersuchung von Lernendenvorstellungen zum schwierigen Erbe des Postkolonialen

    Promovend:
    Malte Kleinschmidt

    Thema:
    Dekoloniale politische Bildung - Eine empirische Untersuchung von Lernendenvorstellungen zum schwierigen Ere des Postkolonialen
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Wie gehen Schüler_innen mit dem schwierigen postkolonialen Erbe um? Wie sollte eine dekoloniale politische Bildung gestaltet werden? Zur Beantwortung dieser Fragen analysiere ich die Vorstellungen über Globalisierung von Schüler_innen der 9. Klasse an Hauptschulen und Gymnasien aus einer dekolonialen Perspektive.

  • Tobias Kuster: Legenden zum Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht

    Promovend:
    Tobias Kuster

    Thema:
    Legenden des Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht - Theoretische Klärungen, didaktische Überlegungen und empirische Studien zum kompetenzorientierten Umgang mit Fakten und Fiktionen der NS-Geschichte an ausgewählten Beispielen
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Michele Barricelli
    Zweitbetreuung: Prof. Dr. Vadim Oswalt

    Kurzdarstellung:
    Eine hervorragende Aufgabe des Geschichtsunter­richts ist die „gezielte Förderung eines Geschichts­bewusstseins, das in der Lage ist, Legenden und Mythen zu erkennen, zu entlarven, Rationalität und Humanität zur Geltung zu bringen sowie für eine Kultivierung der Erinnerung zu sorgen“ (Gies 2004). Ob und wie dies in der täglich geübten Praxis gelingt, darüber gibt es kaum gesicherte Erkenntnis. Das Promotionsvorhaben hat daher zum Ziel, die Betrachtung einer wünschens­werten Behandlung der fachwissenschaftlich weitgehend erforschten Legenden und Mythen zur NS-Geschichte im Unterricht mit den aktu­ellen fachdidaktischen Desideraten empirischer Lehr-Lern-Forschung produktiv zu verbinden, d.h. empirische Zustandsbeschreibungen und neue Unterrichtskonzepte zu diesem unbestritten immer noch relevantesten Thema im deutschen Geschichtsunterricht methodisch miteinander zu verknüpfen. Die bildungspolitische Forderung einer Nach-PISA-Diskussion im Hinblick auf Kompeten­zentwicklung und Bildungsstandards aufgreifend, soll die empirische Rekonstruktion individueller Lernwege dazu beitragen, konkrete Einsichten in Teilbereiche des historischen Lernprozesses – ins­besondere die sozialen Konstrukte von Perspek­tivenübernahme und historischer Urteilsbildung – zu gewinnen. Mithilfe eines gegenstandsnah entwickelten qualitativen Messinstruments (Leitfadeninterviews u.a.) werden Daten über Unterrichtswirklichkeit erhoben, deren normativ gewendetes Reflexionspotenzial handlungsleitende Alternativen für ein pragmatisches Unterricht­sideal – d.h. hier die Passungsverhältnisse der Kompetenzniveaustufen – liefern kann. Es soll also auf empirischer Grundlage eine Methodik des Methodenlernens entwickelt werden, um darauf aufbauend die Beschreibung einer grundlegenden, hochkomplexen, domänenspezifischen „histori­schen Kompetenz“ im Geschichtsunterricht zu befördern, die die Befähigung zu Analyse, Deutung und Narration ebenso umfasst wie ein angemesse­nes Wirklichkeits- und Historizitätsbewusstsein.

  • Philipp Legrand: Bürgerbewusstsein junger Erwachsener im Kontext von Entgrenzungsprozessen

    Promovend:
    Philipp Legrand

    Thema:
    »Bürgerbewusstsein junger Erwachsener im Kontext von Entgrenzungsprozessen«
    Perspektiven Politischer Bildung im gesellschaftlichen Wandel
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Mobilität als eines der zentralen Aspekte sich entgrenzender Gesellschaften transformiert tradierte Lebensformen, private Beziehungen und politische Partizipation.

    Im Rahmen des Dissertationsvorhabens wird das Bürgerbewusstsein junger Erwachsener im Hinblick auf Entgrenzungsprozesse quantitativ untersucht. Der Fokus liegt auf den subjektiven Einstellungen zu Entgrenzungsprozessen. Ausgehend von den Sinnbildern des Bürgerbewusstseins werden die Einstellungen junger Erwachsener im Alter zwischen 16 und 27 Jahren zu kulturellen, politischen, ökonomischen und sozialen Dimensionen von Entgrenzungen analysiert. Die Erhebung erfolgt an den staatlichen Bildungszentren des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Befragt werden Bundesfreiwillige, die im Rahmen ihres Freiwilligendienstes am Seminar zur Politischen Bildung an einem der Bildungszentren teilnehmen.

    Das Bürgerbewusstsein bildet sich in Lernprozessen und diese finden wiederum ihren Ausgangspunkt im jeweilig vorhandenen Bürgerbewusstsein. Ziel ist es, mithilfe der empirischen Erhebung und deren Auswertung didaktische Gestaltungsoptionen für Seminare zur Politischen Bildung abzuleiten, um eine auf Mündigkeit basierende aktive Bürgerschaft zu fördern.

  • Arne Schrader: Vorstellungen von Lehrer*innen über Antiziganismus

    Promovend:
    Arne Schrader

    Thema:
    Vorstellungen von Lehrer*innen über Antiziganismus
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Qualitative Erhebung von Lehrer*innenvorstellungen über Antiziganismus. Ausgehend vom zunehmenden Antiziganismus, der Diskriminierung und Ablehnung der Gruppe der Sinti und Roma in Deutschland (vgl. Leipziger Autoritarismus-Studie 2018), und der mangelnden Professionalisierung von Lehrkräften im Umgang mit demselben (Vgl. Strauß 2011), werden Vorstellungen von Lehrkräften erhoben, um vorliegende Denkmuster zu identifizieren, mittels qualitativer Analyse auszuwerten und daraus Implikationen für die (historisch-)politische Bildung und antiziganismuskritische Bildungsarbeit abzuleiten.

  • Christiane Schröder: Die Calenberger und die Lüneburger Klöster und ihre Konvente im Nationalsozialismus

    Promovendin:
    Christiane Schröder

    Thema:
    Die Calenberger und die Lüneburger Klöster und ihre Konvente im Nationalsozialismus
    Erstbetreuung: apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    Die elf im Mittelalter gegründeten und noch heute bestehenden evangelischen Frauenklöster (und die in diesem Projekt nicht behandelten vier freiweltlichen Damenstifte) gelten als besonderer kultureller Schatz Niedersachsens. Ihre Architektur und ihre sakralen und textilen Kunstgegenstände – besonders bekannt sind die Bildteppiche aus dem Kloster Wienhausen – werden immer wieder in Bildbänden, Reiseführern sowie TV- und Zeitschriftenbeiträgen dargestellt. Das Leben und Wirken der in den Klöstern lebenden Konventualinnen ist hingegen nur aus frühneuzeitlicher Perspektive erforscht. Das Dissertationsprojekt, zugleich Teil der umfangreichen Untersuchung zur Geschichte der Klosterkammer Hannover im Nationalsozialismus, erschließt mit seinem zeithistorischen Zugriff somit einen weißen Fleck der historischen Frauenforschung. Die Calenberger Klöster Barsinghausen, Mariensee, Marienwerder, Wennigsen und Wülfinghausen sowie die Lüneburger Klöster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen wurden infolge der Reformation – und dies ist eine Besonderheit im Vergleich zu anderen deutschen Territorien – nicht aufgelöst, sondern säkularisiert und der landesherrlichen Aufsicht unterstellt. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sie sich zu sogenannten Versorgungsanstalten für ledige Töchter von verdienten hannoverschen Staatsbeamten und Militäroffizieren sowie von Geistlichen entwickelt. Damit entstammten die Konventualinnen, noch zu Beginn des nationalsozialistischen Regimes durchweg dem sozialen Milieu des landsässigen (niederen) Adels, des Lüneburger Patriziats und zu einem geringen Teil des Bürgertums. Die Dissertation analysiert in einem ersten Schritt aus einem sozial-, mentalitäts- und alltagsgeschichtlichen Blickwinkel das Leben in den Klöstern: Wie lässt sich die Gruppe der „Insassinnen“ – so ein in der Mitte des 20. Jahrhunderts noch gebräuchlicher Begriff! – kollektivbiografisch genauer beschreiben? Wie gestaltete sich ihr Leben im Kloster, welches Selbstverständnis hatten sie, welche Wertvorstellungen? Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Betrachtung, wie sich die Nazifizierung der Gesellschaft im Klosteralltag widerspiegelte und wie sich Konventualinnen zum Nationalsozialismus positionierten. Die Bandbreite reichte von graduell unterschiedlich ausgeprägter Zustimmung, insbesondere im Vorfeld der Machtübergabe und den ersten Jahren des NS-Regimes („Damit war der Socialdemokratie das Grab gegraben, hoffentlich für immer“) bis zu deutlicher Kritik, vor allem nach der Kriegswende Anfang 1943 („Man soll Hitler nicht unterstützen, sondern sehen, dass dieser Mensch, der das ganze Elend über Deutschland gebracht hat, möglichst bald beiseite geschafft wird“). Spielten divergierende Einstellungen in das Gemeinschaftsleben hinein? Lassen sich die individuellen Meinungen der Konventualinnen an ihr soziales Herkunftsmilieu zurückbinden? Im einem weiteren Schritt wird nachgezeichnet, welchen institutionellen Herausforderungen und Änderungen sich die Klöster und Konvente nach der nationalsozialistischen Machtübernahme stellen mussten. Das für Klöster und Stifte zuständige Preußische und Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung versuchte beispielsweise, auf die Besetzung freier Konventsstellen in seinem Sinne Einfluss zu nehmen, um die Konvente so langfristig ideologisch zu überformen; NSDAP-Unterorganisationen trachteten danach, die Gebäude für eigene Zwecke zu vereinnahmen. Welche Eingriffe mussten die Oberinnen der Calenberger Klöster und die Äbtissinnen der Lüneburger Klöster hinnehmen, inwiefern konnten sie sich Handlungsspielräume erhalten? Welche Rolle spielte bei den nachzuzeichnenden Aushandlungsprozessen die Klosterkammer Hannover, die ebenfalls dem genannten Ministerium unterstand und als unmittelbarere Verwalterin der Calenberger Klöster bzw. als rechtsaufsehende Instanz für die juristisch eigenständigen Lüneburger Klöster gleichsam eine Scharnierstellung hatte?

  • Jana Stoklasa: Wiedergutmachungsverfahren für NS-Verfolgungsschäden von westdeutschen Arbeiterorganisationen: Eine vergleichende Studie von Rückerstattungsverfahren der hannoverschen Konsumgenossenschaft, SPD- und KPD-Druckereibetriebe (1946-1968)

    Promovendin:
    Jana Stoklasa

    Thema:
    Wiedergutmachungsverfahren für NS-Verfolgungsschäden von westdeutschen Arbeiterorganisationen: Eine vergleichende Studie von Rückerstattungsverfahren der hannoverschen Konsumgenossenschaft, SPD- und KPD-Druckereibetriebe (1946-1968)
    Erstbetreuung: Apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    Wiedergutmachung für historisches Unrecht ist ein vergleichsweise junges geschichtswissenschaftliches Forschungsfeld. Obwohl Wiedergutmachung für NS-Unrecht nur eines von zahlreichen Beispielen für Wiedergutmachungsprozesse ist, wird bisher in Deutschland mit Wiedergutmachung fast ausschließlich der juristische Kampf von meist jüdischen oder anderen sog. marginalisierten Opfergruppen von NS-Unrecht um eine verspätete Wiedergutmachung bezeichnet. Die eingeschlagenen Wege der Vergangenheitsbewältigung werden zunehmend im europäischen Kontext als Strategien der kollektiven Verdrängung seit 1945 analysiert. 

    Unter dem Eindruck internationaler Theorieangebote eröffnen sich jedoch Wege für die Erkenntnis, dass Wiedergutmachung nicht nur in materiellen Leistungen bestehen muss, sondern dass es sich auch um eine Begegnung um zerstörte soziale Beziehungen handelt. Die sog. innere Wiedergutmachung für die NS-Verfolgungsschäden von deutschen Arbeiterorganisationen und ihre mögliche Auswirkung auf die ‘kollektiven Akteure‘ gelten bisher in der Forschung als terra incognita. Inwiefern sind hier die Verfolgungswirklichkeit und damit die innergesellschaftlichen Fronten des Zweiten Weltkrieges durch die gesellschaftspolitischen Grundpositionen des sog. Ost-West-Gegensatzes überdeckt worden? Begünstigten die Wiedergutmachungsverfahren die der Demokratisierung der jungen BRD zugrunde liegende Politik der Amnesie und Amnestie?

    Im Rahmen der mikrohistorisch-komparativen Studie von Rückerstattungsverfahren der hannoverschen SPD- und KPD-Druckereibetriebe sowie der Konsumgenossenschaft Hannover wird die konkrete Verfahrenspraxis in den Jahren 1946-1968 hinterfragt. Die empirische Untersuchung der Wiedergutmachungsverfahren im Zusammenhang mit ihrem long term effect beleuchtet gleichzeitig eine bestehende Forschungslücke in der Geschichte der (hannoverschen) SPD und KPD sowie der Konsumgenossenschaft(-en).

  • Olaf Stuve: Männlichkeiten als Reflexionskategorie in der politischen Bildung

    Promovend:
    Olaf Stuve

    Thema:
    Männlichkeiten als Reflexionskategorie in der politischen Bildung

    Kurzdarstellung:
    Geschlechterpolitische Fragen nehmen in der politischen Bildung eine Randposition ein. Verstärkt gilt dies bezogen auf eine Bearbeitung der Kategorie Männlichkeiten, gelten doch geschlechterpolitische Fragestellungen oft noch als „Frauenthemen“. In Kontexten unterschiedlicher professioneller Felder sowie in queer-feministisch, aktivistisch motivierten Zusammenhängen sind vereinzelt Angebote zu finden, in denen Männlichkeiten reflexiv thematisiert werden. Der Fokus der hier vorgestellten Forschungsarbeit liegt auf diesen bisher wenig entwickelten Praxen einer reflexiven Bildungsarbeit zum Thema. Meine Forschungsfrage lautet: Welches praktische und  habitualisierte Wissen zu Männlichkeitsfragen zeigt sich bei Pädagog*innen, die Männlichkeiten zum Thema machen und welche Vorstellungen über Männlichkeit/Männlichkeiten sind damit verbunden?

    Ich fasse die Personen als Angehörige eines (fachbezogenen) Milieus, die sich pädagogisch mit ähnlichen Herausforderungen befassen. Die von mir interviewten Gesprächspartner*innen stehen in ihrem beruflichen und aktivistischen Alltag vor der Aufgabe, eine bisher wenig entwickelte Auseinandersetzung mit Männlichkeiten auf konkrete Weise bearbeiten zu wollen. Sie müssen je spezifische Antworten auf vergleichbare Handlungsprobleme entwickeln. Im Rahmen problemzentrierter Interviews habe die Interviewpartner*innen die Möglichkeit gehabt, ein Verständnis darüber zu entwickeln, wie sich ihre Sicht die Herausforderungen darstellt. Sie erhielten ebenso die Möglichkeit zu erzählen, wie sie in ihren jeweiligen Kontexten einen vielversprechenden Umgang im Sinne einer geschlechter- und sexualpolitisch emanzipativen Perspektive umsetzen. Die Erhebungsphase ist bereits abgeschlossen und aktuell befinde ich mich in der Phase Analyse mit der dokumentarischen Methode.

    Von einer sinnrekonstruktiven Analyse verspreche ich mir praktisch verankertes Wissen über ein Lernen über Männlichkeiten zugänglich zu machen. In einem weiteren Schritt hoffe ich, etwas über die Voraussetzungen zu erfahren, die die Interview-Partner*innen mitbringen bzw. (biographisch) entwickelt haben, um zum Thema Männlichkeiten reflexiv zu arbeiten. Die Ergebnisse der Arbeit sollen Schlussfolgerungen für eine geschlechterreflektierte politische Bildung möglich machen wie auch einen empirischen Beitrag zur Weiterentwicklung kritischer Männlichkeitenforschung leisten.   

  • Jan Eike Thorweger: Politikunterricht in der inklusiven Schule: Wissenschaftliche und alltagsdidaktische Vorstellungen über inklusiven Politikunterricht als Zugang zur Kompetenzentwicklung von Fachlehrkräften

    Promovend:
    Jan Eike Thorweger

    Thema:
    Politikunterricht in der inklusiven Schule: Wissenschaftliche und alltagsdidaktische Vorstellungen über inklusiven Politikunterricht als Zugang zur Kompetenzentwicklung von Fachlehrkräften
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Das Forschungsvorhaben ist im Schnittpunkt zwischen fachdidaktischer Theorie und Unterrichtspraxis angesiedelt. Den Ausgangspunkt bildet die sich im allgemeinbildenden Schulwesen abzeichnende Tendenz einer Zunahme des gemeinsamen Unterrichts von Schüler*innen unterschiedlicher Leistungsniveaus sowie mit und ohne zusätzlicher (sonderpädagogischer) Förderbedarfe. Im Zentrum steht dabei die Leitperspektive der Inklusion, die sich auf das Ziel einer umfassenden Teilhabe und Chancengerechtigkeit aller Menschen im Bildungswesen (und darüber hinaus gesamtgesellschaftlich) beruft und mittlerweile auf internationaler, nationaler und Länderebene in Abkommen und Gesetzgebung verankert wurde. Ein inklusiv ausgerichteter, gemeinsamer Unterricht wird im hier gegebenen Zusammenhang als heterogenitätssensibler Unterricht verstanden, der unterschiedliche Ausgangsbedingungen der Lernenden anerkennt sowie diese offen und produktiv aufgreift. Die schulische politische Bildung ist hier in mehrfacher Hinsicht gefragt: Inklusion kann hier (zugleich) zum Unterrichtsprinzip, zum Unterrichtsthema sowie zur normativen Zielsetzung werden.

    Die Frage nach einer Fachdidaktik des inklusiven Politikunterrichts ist auf wissenschaftlicher Ebene bisher nur in Ansätzen bearbeitet worden. Deshalb mangelt es derzeit noch an Konzepten für die passgenaue Aus- und Fortbildung von Lehrkräften mit dem Fach Politik. Zugleich kam es im Kontext der Zunahme des gemeinsamen Unterrichts in den vergangenen Jahren an vielen Schulen zu einer Ausweitung der Praxis eines inklusiven Politikunterrichts, der von den Lehrkräften auf der Grundlage ihrer vorhandenen Professionskompetenzen gestaltet und weiterentwickelt wird – auf Grund der vorhandenen fachdidaktischen Fundierungslücke jedoch ohne, dass sie sich dabei auf ein kohärentes Fundament einer inklusiven Politikdidaktik berufen können.

    Das Forschungsvorhaben setzt an diesem Missverhältnis an und verfolgt einen übergreifenden Ansatz. Über die Erhebung, Analyse und wechselseitige Vernetzung von wissenschaftlichen und alltagsdidaktischen Vorstellungen zum inklusiven Politikunterricht soll ein Zugang zu einer gleichermaßen theoretisch fundierten wie empirisch informierten inklusiven Politikdidaktik gefunden werden. Hierzu soll der qualitative Forschungsrahmen der politikdidaktischen Rekonstruktion in einer professionsbezogenen Adaption genutzt werden. Zielperspektive ist dabei die Entwicklung von Leitlinien für die wirksame Aus- und Fortbildung von Fachlehrkräften im Hinblick auf den inklusiven Politikunterricht.

  • Bastian Vajen: Der Einfluss von schulischer Organisation auf die Heterogenität adoleszenter Freundschaftsnetzwerke

    Promovend:
    Bastian Vajen

    Thema:
    Der Einfluss von schulischer Organisation auf die Heterogenität adoleszenter Freundschaftsnetzwerke
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Die schulische Sozialisation nimmt im sozialen Entwicklungsprozess von Kindern und Jugendlichen eine zentrale Rolle ein. Im Rahmen der Schule werden sowohl gesellschaftliche Werte, Normen und Wissensbestände vermittelt, als auch der Zugang zu gesellschaftlichen Positionen im Rahmen einer Leistungsbeurteilung vorstrukturiert (Faustich-Wieland 2002, Fend 2008, S. 45-48, Hummrich und Kramer 2017, S. 14). Sowohl das familiäre Umfeld als auch die Peergroup nehmen darüber hinaus im Prozess der Vergesellschaftung eine wichtige Funktion ein und stehen sowohl mit der Schule als auch untereinander in einem wechselseitigen Verhältnis (Bourdieu 1987, Hummrich und Kramer 2017, Kramer et al 2013, Rürup et al 2015, Shin und Ryan 2014). Andersherum kann ebenso ein Einfluss des individuellen Habitus auf die Struktur der sozialen Beziehungen nachgewiesen werden (Kohl und Henning 2011). Vor dem Hintergrund einer auch in Deutschland vorherrschenden Bildungsexpansion verbunden mit einer sozialen Ungleichheit der Bildungschancen rücken sowohl das familiäre Umfeld als auch die Struktur und Ausgestaltung des schulischen Systems sowie die Freundschaftsbeziehungen in den Mittelpunkt soziologischer, aber auch politikdidaktischer Analysen (Ackermann 1996, S. 94; Bremer 2007, S. 283; Becker und Lauterberg 2016, S. 4, 10-14, 25; Lange, Onken und Slopinski S. 113; Thole und Schoneville 2010, S. 142).

    Während sich sozialwissenschaftliche Analysen vor allem mit der Untersuchung der vielseitigen Ursachen einer verfestigten Bildungsungleichheit beschäftigen, werden im fachdidaktischen Bereich die Potentiale der schulischen Organisation und unterrichtlichen Ausgestaltung zur Überwindung dieser analysiert. Gerade, wenn das normative Ziel einer inklusiven demokratischen Gesellschaft erreicht werden soll, ist eine Auflösung verfestigter Ungleichheit notwendig (Kleinschmidt und Lange 2017). An dieser Schnittstelle soll das Dissertationsprojekt ansetzen und die Möglichkeiten schulischer Organisation für die Überwindung sozialer Exklusionspraxen untersuchen.

  • Christoph Wolf: Lehrervorstellungen von Antisemitismus

    Promovend:
    Christoph Wolf

    Thema:
    Lehrervorstellungen von Antisemitismus (Arbeitstitel)
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Für mein Dissertationsprojekt habe ich Politiklehrkräfte von Gymnasien und Gesamtschulen nach ihren Vorstellungen von Antisemitismus befragt und wie sie dem Thema im Unterricht und in der Schule begegnen.

    Die subjektiven Alltagsvorstellungen und Didaktiken der Lehrkräfte dienen als Ausgangspunkt zur Formulierung von Weiterbildungsempfehlungen für Politiklehrkräfte. Dabei wird einerseits auf sozialkonstruktivistische Lernmodelle zurückgegriffen, andererseits werden Erkenntnisse der antisemitismuskritischen Bildung aufgegriffen und diskutiert.

    Erste Analysen zeigen, dass einige Lehrkräfte über nur rudimentäre und lückenhafte Vorstellungen verfügen und es ihnen entsprechend schwer fällt, antisemitische Äußerungen zu erkennen oder sie angemessen zu bearbeiten. Teilweise werden auch antisemitische Formulierungen und Bilder reproduziert oder problematische Zuschreibungen vollzogen, d.h. Antisemitismus wird als Problem bestimmter Gruppen und Milieus identifiziert. Andere Lehrkräfte wiederum haben durchaus umfassende Vorstellungen von Antisemitismus, ihnen fehlt jedoch das methodisch-didaktische Werkzeug. Die im Politikunterricht vorhandenen Anknüpfungspunkte, um das Thema zu behandeln, werden kaum oder nur unzureichend genutzt. Dies geschieht nicht nur aus Zeitmangel oder Unwissenheit, sondern aus Unsicherheit im Umgang mit der Thematik.

     

Habilitationen

  • Dr. Werner Friedrichs: Elemente einer performativen Didaktik der Politischen Bildung. Dargestellt am Problem der Partizipation in der "Postdemokratie"

    Promovend:
    Dr. Werner Friedrichs

    Thema:
    Elemente einer performativen Didaktik der Politischen Bildung. Dargestellt am Problem der Partizipation in der „Postdemokratie“ (Habilitationsprojekt)
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Schon lange treiben Phänomene wie die Politik- und Parteienverdrossenheit die Didaktik der Politischen Bildung an. Dem Grunde nach wird die häufig diagnostizierte Ermüdungserscheinung zum Anlass genommen, die Bemühungen um Politische Bildung auszuweiten. Als Vademecum werden insbesondere neue „Beteiligungsformate“ und neue Formen Politischer Bildung entwickelt, um die Bürgerinnen und Bürger wieder stärker in die politische Selbstkonstitution der Gesellschaft einzubinden. Dabei ist immer weniger klar, inwieweit die breit angelegten Mitmach- und Motivationsprogramme, die Heranführungs- und Inklusionsprojekte ein Kernanliegen Politischer Bildung umsetzen, nämlich eine reflektierte politische Orientierung und Urteilskraft vermitteln, oder aber ihrerseits als Element einer umfassenden Regierungskunst zu verstehen sind. Ausgehend von einer Gegenwartsdiagnose, nach der den Institutionen selbst das politische Moment abhanden gekommen ist, greift eine Strategie ins Leere, die in der alleinigen Reaktivierung und Ausweitung klassischer Formate ihre Fluchtlinie zu bestimmen sucht. Folgt man den sog. „neuen Demokratietheorien“, wäre die Orientierung an Institutionen zu hinterfragen, womit systematische Ausgangsfragestellungen in der Begründung der Politischen Bildung erreicht sind. In der Verlängerung dieses Anspruchs lassen sich drei Kernanliegen formulieren: (1) die Herstellung eines Anschlusses an jene Theorieangebote, die Grundlage für das „neue“ Denken des Politischen in den „neuen Demokratietheorien“ sind; (2) die auf dieser Grundlage erfolgende Rekonstruktion des Problems der Postdemokratie, des Begriffes des Politischen und eines entsprechenden Begriffs der politischen Teilhabe i. S. einer Partizipation; (3) die Entwicklung eines Begriffs Politischer Bildung, der den vorgenannten Ansprüchen entsprechen kann und eine Orientierung in einer pluralistischen, postfundamentalistischen und postdemokratischen Gesellschaft darstellen kann.

  • Dr. Claudia Fröhlich: Die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter - Die Sanktionierung von Unrecht und Gewalt an innerdeutscher Grenze als eine deutsch-deutsche Rechtsgeschichte

    Promovendin:
    Dr. Claudia Fröhlich

    Thema:
    Die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter - Die Sanktionierung von Unrecht und Gewalt an innerdeutscher Grenze als eine deutsch-deutsche Rechtsgeschichte
    Betreuung: apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    Die innerdeutsche Grenze war während der deutschen Teilung Schauplatz von Gewalt und Unrecht. Die wenige Wochen nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 in Westdeutschland mit Gründung der „Zentralen Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen“ (ZESt) initiierte Dokumentation und strafrechtliche Sanktionierung der an der Grenze begangenen Menschenrechtsverletzungen aber war – im Westen und im Osten – bis 1989/90 umstritten. Als Höhepunkt dieser Kontroverse gilt bisher die in den 1980er Jahren von sozialdemokratischen Ministerpräsidenten formulierte Kritik, die mit der ZESt institutionalisierte Verfolgung von in der DDR begangenem Unrecht sei ein „Relikt des Kalten Krieges“ und konterkariere eine konstruktive Politik des Wandels durch Annäherung der beiden deutschen Staaten. Das Forschungsvorhaben zeigt allerdings: Die deutsch-deutsche Geschichte des Umgangs mit Gewalt und Unrecht an der Grenze lässt sich weder als bloßer Systemkonflikt zwischen Diktatur und Demokratie noch – bezogen auf die westdeutsche Debatte – als simpler Konflikt zwischen politischen Lagern erfassen. Diese noch immer geschichtspolitisch aufgeladenen Narrative werden dekonstruiert. Der deutsch-deutsche Diskurs über die Sanktionierung von Unrecht und Gewalt an innerdeutscher Grenze und Berliner Mauer rückt dann als multidimensionale Geschichte in den Blick: als Geschichte, in der sich die existentiellen biografischen Erfahrungen von nationalsozialistischer Verfolgung und Gewalt der beteiligten Akteure spiegeln; als Geschichte von divergierenden Interessen, Praktiken und Regeln der am Diskurs beteiligten Institutionen des Rechts und der Politik; als Geschichte von Soldaten, die im 20. Jahrhundert mit einer sich verändernden Definition von Befehl und Gehorsam konfrontiert sind und die sich als handelnde Subjekte neu verorten müssen sowie nicht zuletzt als Geschichte des Völkerrechts, das im Jahrhundert der Diktaturen den Anspruch erhebt, Menschenrechtsverletzungen zu delegitimieren und praktisch zu sanktionieren. Als ein rechtsgeschichtlicher Beitrag zur Geschichte der deutschen Zweistaatlichkeit möchte das Forschungsprojekt auch einen Diskussionsbeitrag zur Aktualisierung des „Diktaturgedächtnisses“ (Martin Sabrow) leisten. In Anknüpfung an „Cold War Studies“ rückt es dabei den zwischen 1961 und 1989/90 geführten Diskurs über Unrecht und Gewalt an der Grenze als mehrdimensionale diskursive Rechtsgeschichte in den Blick.

Abgeschlossene Qualifikationsarbeiten

  • Anette Blaschke: Zwischen »Dorfgemeinschaft« und »Volksgemeinschaft«. Niedersächsische Landbevölkerung im Nationalsozialismus

    Promovendin:
    Anette Blaschke

    Thema:
    Zwischen ›Dorfgemeinschaft‹ und ›Volksgemeinschaft‹. Niedersächsische Landbevölkerung im Nationalsozialismus

    Erstbetreuung: apl. Prof. Dr. Karl-Heinz Schneider
    Zweitbetreuung: apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    Die als Dissertationsprojekt bearbeitete Lokalstudie verfolgt einen gesellschaftsgeschichtlichen Ansatz, der in einer räumlich eng begrenzten, ländlich geprägten Region in Niedersachsen Handlungsspielräumen und Deutungsmustern von Individuen und Gruppen in der NS-Zeit nachzuspüren versucht. Den Untersuchungsraum bilden 28 Gemeinden und Dörfer im Landkreis Hameln-Pyrmont, die im Umfeld des Bückeberges liegen, auf dem von 1933 bis 1937 die Reichserntedankfeste stattfanden. Diese werden gleichsam als ideologisch-propagandistisches ›Schlaglicht‹ des ›Blut-und-Boden‹-Kultes in die Studie einfließen.

    Das Erkenntnisinteresse des Projektes liegt in der lokalen Analyse der gesellschaftlichen Durchdringung dörflicher Lebenswelten durch den Nationalsozialismus, der dem von anti-etatistisch geprägten Einstellungen und nach spezifischen eigenen Regen funktionierenden ländlichen Mikrokosmos die übergeordnete Idee der ›Volksgemeinschaft‹ gegenüberstellte sowie zumindest in den ersten Herrschaftsjahren mit einem NS-spezifischen ›Bauerndiskurs‹ auch die ländlichen Bevölkerungsgruppen in die ›Volksgemeinschaft‹ zu integrieren versuchte.

    Es wird zum einen gefragt nach von den Nationalsozialisten, gewollt oder ungewollt, initiierten Transformationsprozessen im dörflichen Interaktionsgefüge: Wie versuchten die Nationalsozialisten ihre Vorstellungen vom ›Landleben im    Dritten Reich‹ in den Orten zu etablieren und wie sind die ›Erfolge‹ der Nationalsozialisten hinsichtlich der gesellschaftlichen Durchdringung und Regimestabilisierung zu bewerten? Welche Rolle spielten in diesem Zusammenhang auf affektive Bindung zielende Inszenierungen wie die Reichserntedankfeste? Von welchen (ortsansässigen oder ortsfremden) Akteuren gingen Initiativen aus und inwieweit veränderten sich lokale Netzwerke und Machstrukturen vor Ort? Dabei sollen zum anderen auch tradierte Phänomene und Bindungskräfte innerhalb der ›Dorfgemeinschaften‹ und sich langfristig vollziehende Entwicklungen Berücksichtigung finden.

    Die empirische Grundlage der Studie setzt sich zusammen aus sehr vielfältigen Quellenbeständen: Neben offiziellen Korrespondenzen auf staatlicher und parteilicher Ebene, von denen ein vollständig im Hauptstaatsarchiv Hannover überlieferter Bestand der Kreisbauernschaft Hameln-Pyrmont als ein zentraler Fundus gelten kann, werden diverse publizistische Quellen (u.a. lokale Presse, Orts- und Gemeindechroniken) und kirchliche Dokumente (u.a. Visitationsberichte, Gemeindebriefe) in die Untersuchung einbezogen.

    Das Buch ist 2018 im Schöningh-Verlag in der Reihe „Nationalsozialistische ‚Volksgemeinschaft‘ – Studien zu Konstruktion, gesellschaftlicher Wirkungsmacht und Erinnerung“ als Band 8 erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Mercedes Martínez Calero und Sigurður A. Rohloff: Spanische Migrantinnen und Migranten der ersten Generation und ihre Nachkommen in Deutschland: Zum Zusammenhang zwischen bürgerschaftlichem Engagement und Bildungserfolg

    Promovenden:
    Dr. Mercedes Martínez Calero und Dr. Sigurður A. Rohloff

    Thema:
    Spanische Migrantinnen und Migranten der ersten Generation und ihre Nachkommen in Deutschland: Zum Zusammenhang zwischen bür­gerschaftlichem Engagement und Bildungserfolg.
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange
    Zweitbetreuung: Prof. Dr. Heiko Geiling

    Kurzdarstellung:
    In der Studie wurde der Zusammenhang zwi­schen bürgerschaftlichem Engagement spanischer Gastarbeiter/-innen der ersten Generation und dem Bildungserfolg ihrer Nachkommen in Deutschland untersucht. In Deutschland lebten Ende 2010 ca. 154.000 Menschen mit spanischem Pass. Ihre nach Deutschland eingewanderten Vorfahren stammten, wie die gesichtete Literatur erkennen lässt, aus sehr armen Regionen und hatten einen niedrigen Bildungsstand (ca. 80 % Analphabeten). Doch im Vergleich zu den Einwanderer/-innen der anderen vier europäischen Nationen Italien, Ex-Jugoslawien, Griechenland und Türkei, die ein Anwerbeab­kommen mit Deutschland abgeschlossen hatten, haben überproportional viele Spanier/-innen der Folgegenerationen in Deutschland hochwertige Schul- und Berufsabschlüsse erzielt. Da Bildungs­erfolge multifaktoriell bedingt sind, lohnt eine differenzierte Betrachtung, welche Aspekte auf den Bildungserfolg von Migrantengruppen einwir­ken. Die Untersuchungsergebnisse wurden in die theoretischen Erklärungsansätze für Bildungser­folg bzw. Bildungsmisserfolg sowie für Politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten eingebettet und diese um die Rolle des Einflusses bürgerschaftlichen Engagements bzw. der (schul-) politischen Partizipation erweitert. Politische Partizipation und politisches Bewusstsein sind nicht von bürgerschaftlichem Engagement zu trennen. Letzteres vermittelt Wissen über die Funktions­weisen politischer und gesellschaftlicher Vorgänge und Entscheidungsprozesse sowie Kenntnisse über die Partizipationsmöglichkeiten an politischen und gesellschaftlichen Geschehnissen. Wer sich bürgerschaftlich engagiert, partizipiert. Die Wert­schätzung des bürgerschaftlichen Engagements innerhalb einer Migrationsgesellschaft verwandelt auch die Aufgabenfelder der öffentlich geförderten politischen Bildung. Diese sollte Elternarbeit, die Gründung von Vereinen oder die Einflussmöglich­keiten auf das Schulsystem fördern sowie an eine Verantwortungsübernahme durch die Herkunfts-und Aufnahmeländer appellieren, um das Ziel einer höheren Chancengleichheit zu erreichen. Politische Bildung gewinnt somit an gesellschaftlicher Ver­antwortung und kann als eine moderierende Ins­tanz bei den Umbau- und Umdeutungsprozessen einer Europäischen Bürgergesellschaft fungieren.

    Die Arbeit ist 2016 unter dem Titel "Bürgerschaftliches Engagement und Bildungserfolg" im Springer-Verlag erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Daniel Giere: Rezeption historischer Repräsentationen in digitalen Spielen

    Promovend:
    Daniel Giere

    Thema:
    Transfer- und Akkomodationsprozesse im media­tisierten Geschichtsbewusstsein. Eine Studie zum Spannungsfeld von individueller Weltaneignung, geschichtsbezogenen Computerspielen und histo­rischem Lernen
    Erstbetreuung: Prof. Michele Barricelli

    Kurzdarstellung:
    Bei der Dissertation handelt es sich um eine geschichtsdidaktische, empirisch akzentuierte Projektstudie zum Spannungsfeld zwischen der individuellen Aneignung digital vermittelter Wel­ten und historischem Lernen. Untersucht werden sollen zunächst Transfer- und Akkomodationspro­zesse zwischen ausgewählten historisch orientier­ten Computerspielen und Spielern. Angestrebt sind eine forcierte Theoriebildung mit anschließender empirischer Modellerprobung. Die medientheoreti­schen Grundlagen basieren vor allem auf kons­truktiven Ansätzen der Wirkungsforschung und münden in den medienspezifischen Überlegungen zum Computerspiel von J. Fritz (Stichwort: struk­turelle Kopplung). Die fachliche (i.e. historische) Profilierung bzw. Spezifizierung erfolgt durch die Orientierung an der geschichtsdidaktischen Zent­ralkategorie des „Geschichtsbewusstseins“, dessen beobachtbare äußere Leistungen in Anlehnung an J. Rüsen als typisierbare Formen von Sinnbildung operationalisiert werden. Das empirische Design, das auf einer deduk­tiv erreichten Konzeptualisierung gründet, ist qualitativ. Im Wesentlichen geht es zuerst um die Beobachtung, technisch fortgeschrittene Protokol­lierung und Perspektivierung von Spieldurchläufen am Endgerät. Zudem ist die Erhebung von Einschätzungen über Intentionen, Gehalte und Poten­ziale des Spiels vorgesehen; der dazu eingesetzte Fragebogen enthält sowohl geschlossene (inkl. Likert-Skalen) wie offene Items. Bereits durch die Kontrastierung der unterschiedlichen Datensätze können Transformationsprozesse (ggf. Lerneffekte) zwischen Medium und Nutzer herauspräpariert werden. Im Rahmen einer iterativen Auswertung werden sodann weitere Vergleichshorizonte zur Interpretation der Daten herangezogen (z.B. historisch-empirische, produktanalytische, spiel­logische).

    Die Arbeit ist 2019 im Wochenschau-Verlag unter dem Titel "Computerspiele - Medienbildung - historisches Lernen" erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Moritz Peter Haarmann: Walter Euckens Idee einer machtfeindlichen Marktwirtschaft und ihre Bedeutung für das politisch-ökonomische Lernen

    Promovend:
    Moritz Peter Haarmann

    Thema:
    Wirtschaft - Macht - Bürgerbewusstsein. Walter Euckens Beitrag zur sozioökonomischen Bildung
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange

    Kurzdarstellung:
    Moritz Peter Haarmann nimmt das Leben und Werk des Ökonomen Walter Eucken (1891–1950) aus einer ganzheitlichen sozialwissenschaftlichen Perspektive in den Blick. Der Autor verdeutlicht: Euckens Forderung nach einer machtfeindlichen Wirtschaftsordnung bildet das ordnungspolitische Äquivalent zum demokratischen Rechtsstaat. Seine politisch gesicherte „Wettbewerbsordnung“ repräsentiert ein ethisch unterlegtes Kontrastprogramm zur „freien“ Marktwirtschaft. Als Gegenentwurf zu einer disziplinären Engführung der Wirtschaftswissenschaften verkörpert die Theorieentwicklung des „Ordoliberalen“ eine Sozioökonomik par excellence. Euckens Appell, die gesellschaftlichen Ebenen Politik und Wirtschaft unter dem Primat des freiheitssichernden Rechtsstaats dialogisch aufeinander zu beziehen, ist insbesondere auch für die Diskussion einer adäquaten Organisation des ökonomischen Lernens an allgemeinbildenden Schulen interessant.

    Die vier Hauptteile der Studie:

    Über die Notwendigkeit, politisch über (Markt-)Wirtschaft nachzudenken: In diesem einleitenden Teil werden ausgehend von der aktuellen Praxis ökonomischen Lernens an Schulen die Aufgaben und Herausforderungen einer emanzipatorischen sozioökonomischen Bildung umrissen. Bei der Auseinandersetzung mit den Bezugsdisziplinen wird deutlich, dass eine sozioökonomische Theorieentwicklung vor der marktliberalen Engführung der Wirtschaftswissenschaften selbstverständlich war. Auch weil dieser gegenwärtig eine Umdeutung durch Marktliberale zu erfahren scheint, erscheint dabei insbesondere Euckens „Ordoliberalismus“ als interessant.

    Walter Eucken und die „Wettbewerbsordnung“ in der Rezeption: An dieser Stelle findet eine Auseinandersetzung mit der Eucken-Rezeption im NS-Regime, der „DDR“ und der Bundesrepublik Deutschland statt. Ein bemerkenswertes Ergebnis ist, dass sich heute ordnungspolitisch so unterschiedlich orientierte Personen wie die frühere Stalinistin Sahra Wagenknecht und der ehemalige FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle auf Eucken berufen.

    Leben und Werk Walter Euckens: Ausgehend von dem Befund, dass Euckens Gedankengut gegenwärtig einer nahezu beliebigen Interpretation unterliegt, wird mit dem Hauptteil der Studie eine Rekonstruktion von Euckens Ordnungstheorie geleistet. Dabei werden die maßgeblichen Primärquellen konsequent biografisch kontextualisiert und auf ihre theoretischen Hauptaussagen untersucht. Im Ergebnis wird Eucken als ein überzeugter Sozioökonom identifiziert, der den Weg in eine politisch geordnete Marktwirtschaft weist.

    Didaktische Schlussfolgerungen: Die Studie mündet in der Erkenntnis, dass eine sozioökonomische Bildung ebenso möglich wie notwendig ist. Auch und gerade am viel zitierten Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft lässt sich aufzeigen, dass Wirtschaft im Unterricht nicht als Selbstzweck behandelt werden darf, sondern stets auf die Ansprüche der anderen gesellschaftlichen Ordnungen zu beziehen ist. Der Ökonom Eucken zeigt, dass eine konsequente Berücksichtigung der „Interdependenz der Ordnungen“ (Eucken) mitnichten zu einem Verlust von ökonomischer Fachlichkeit führen muss, wie es Vertreter einer ein-Fach-Lösung behaupten. Im Gegensatz zu einer marktaffinen Kunde ermöglicht eine sozioökonomische Bildung aber einen Unterricht, der den Ansprüchen schulisch vermittelter Allgemeinbildung in einer demokratischen Gesellschaft gerecht wird!

    Die Arbeit ist 2015 unter dem Titel "Wirtschaft - Macht - Bürgerbewusstsein" im Springer-Verlag erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Inken Heldt: Die subjektive Dimension von Menschenrechten. Zu den Implikationen von Alltagsvorstellungen für die Politische Bildung

    Promovendin:
    Inken Heldt

    Thema:
    Die subjektive Dimension von Menschenrechten. Zu den Implikationen von Alltagsvorstellungen für die Politische Bildung
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange
    Zweitbetreuung: Gerhard Himmelmann

    Kurzdarstellung:
    Wie können Menschenrechte für alle Menschen verständlich werden? Zu dieser Frage will die empirische Dissertationsstudie einen Beitrag leisten. Übergreifendes Ziel ist es, Innovationspotenziale und Veränderungserfordernisse in der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand Menschenrechte zu ermitteln. Die Studie beabsichtigt, die aktuelle Debatte um die Menschenrechtsbildung um eine fachdidaktische Perspektive zu ergänzen und die Überlegungen zum Lerngegenstand neu zu akzentuieren, nämlich in Berücksichtigung der Lernenden-Perspektive. Damit bringt die Arbeit Perspektiven hervor, die zu einer Neudefinition von Sinn und Relevanz der Menschenrechtsbildung beitragen. Die qualitative Studie zielt damit auch darauf, Widerspruchslagen gegenwärtiger Konzepte der Menschenrechtsbildung aufzuspüren und sich gängigen Vereinnahmungsstrategien und Überhöhungen des Lerngegenstandes zu widersetzen. Unterschiedliche wissenschaftliche Zugänge zu Menschenrechten werden dazu systematisch und disziplinübergreifend reflektiert und zu subjektiven Vorstellungswelten von Schüler/-innen in Beziehung gesetzt.

    Eine empirisch begründete Typenbildung ermöglicht es, die Vielfalt der subjektiven Vorstellungsmuster zu den Aspekten Begriffsverständnis, Relevanzzuschreibung und Handlungsmöglichkeiten für Menschenrechte auf überschaubare Gruppen und charakteristische Merkmalskombinationen zu reduzieren. Die Einteilung der subjektiven Vorstellungselemente in vier Typen erhöht die Übersichtlichkeit der Vorstellungsvariationen und macht die Erhebungsergebnisse für die Bildungspraxis greifbar. Im Hinblick auf die Frage, welche Aspekte (noch) kein Bestandteil der typischen Vorstellungen sind, skizziert die Studie für jeden Typ fachdidaktische Anknüpfungspunkte für nachhaltige Lernstrategien.

    Damit die Befragten ihre Überlegungen zu Menschenrechten nicht abstrakt, d.h. in Isolation von eigenen alltäglichen Erfahrungen und Handlungsentscheidungen entfalten, werden menschenrechtliche Prinzipien auch in einem konkreten Kontext betrachtet: den gewöhnlichen Alltag Die Analyse erlaubt damit einen Zugriff auf die Frage, welche gesellschaftlichen Verschiedenheiten die Schüler/-innen als relevant thematisieren und inwiefern sie diese zu Menschenrechten ins Verhältnis setzen. Die befragten Schüler/-innen erkennen einerseits Menschenrechte formal an, sind aber zugleich kaum in der Lage, lebensweltliche Handlungsimplikationen abzuleiten. In den Schüler/-innenvorstellungen rücken Menschen, die keinen Verdienst und keine Bildung nachweisen können, als Benachteiligte in den Fokus, gemeinsam mit ‚Ausländern’. Gleichzeitig – und häufig im selben Atemzug – werden Benachteiligte als Teil von gesellschaftlichen Problemmileus beschrieben, deren Angehörige Merkmale wie geringe Leistungsmotivation, Integrationsverweigerung, aggressive Verhaltensweisen und Kriminalitätsbereitschaft aufweisen – ihre Ungleichbehandlung lässt sich in den Vorstellungen der Schüler-/innen damit fraglos rechtfertigen. Die Beurteilung sozialer Gruppen an den Maßstäben ökonomischer Nützlichkeit oder Leistungsfähigkeit ist als eine wesentliche Lernprovokation für die Menschenrechtsbildung zu verstehen. Die Politische Bildung steht damit vor der Aufgabe, in den Mittelpunkt der Beschäftigung mit der Bedeutsamkeit der Menschenrechte die Frage nach dem wertenden Schritt zu rücken, mit dem aus wertneutraler Verschiedenheit von Menschen eine Ungleichwertigkeit im Sinne eines gesellschaftlichen „oben“ und „unten“ begründet wird.

    Die Arbeit ist 2018 unter dem Titel "Die subjektive Dimension von Menschenrechten. Zu den Implikationen von Alltagsvorstellungen für die Politische Bildung" im Springer-Verlag erschienen. Einen Link zu Publikation finden Sie hier.

  • Christian Hellwig: Die inszenierte Grenze. Flucht und Teilung in westdeutschen Filmnarrationen während der Ära Adenauer

    Promovend:
    Christian Hellwig

    Thema:
    Die inszenierte Grenze. Flucht und Teilung in westdeutschen Filmnarrationen während der Ära Adenauer
    Erstbetreuung: Apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    Sowohl die deutsche Teilung im Allgemeinen, als auch die Grenzanlagen im Besonderen, wurden seit den fünfziger Jahren medial verarbeitet und zur Diskussion gestellt. Gerade in den ersten beiden Jahrzehnten der deutschen Teilung wurden auf westdeutscher Seite eine Reihe von Spielfilmen produziert, die bislang nicht systematisch auf Wahrnehmungsmuster und zeitgenössische Interpretationen der innerdeutschen Grenze untersucht wurden. Im Rahmen des Teilprojekts werden diese Spielfilme dezidiert unter mentalitätsgeschichtlichen Fragestellungen erforscht. Bei dem zu untersuchenden Filmkorpus handelt es sich zumeist um Filme, die aus dem aktiven Gedächtnis der heutigen Gesellschaft verschwunden sind und auf ihren erneuen Abruf warten. Für eine Kulturgeschichte der deutschen Teilung, beziehungsweise der Grenze, die explizit auch die filmische Auseinandersetzung berücksichtigen muss, sind auch eben diese Filme wichtig, die heute nicht mehr im öffentlichen Bewusstsein verankert sind, zu „ihrer“ Zeit jedoch eine wichtige Rolle in der gesellschaftlichen Meinungsbildung gespielt haben können. Ziel des Forschungsvorhabend ist es zu klären, in wie weit filmische Teilungsnarrative der fünfziger und sechziger Jahre die in der Geschichtswissenschaft vorherrschende Interpretation der westdeutschen Wahrnehmung der Grenze bestätigen, brechen oder ergänzen können und welche Akzente diese Filme in der gesellschaftlichen Debatte zu setzen versuchten.

    Die Dissertation ist 2018 unter dem Titel "Die inszenierte Grenze" im Wallstein-Verlag erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Andreas Kegel: Wie denkst du Politik?

    Promovend:
    Andreas Kegel

    Thema:
    "Wie denkst du Politik?"
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange
    Zweitbetreuung: Prof. Dr. Tilman Grammes

    Kurzdarstellung:
    Mit der Beschreibung von Politik als Transformati­onsprozess von Partikularinteressen zu allgemein gültigen Entscheidungen gelingt der Politikdidaktik zwar ein Zugriff auf die politische Alltagswelt ihrer Subjekte, bleibt aber blind gegenüber dem Entscheidungsprozess innewohnenden Friktionen. Der alltagstaugliche Politikbegriff ist um Basiskon­zepte zu erweitern, um das spezifisch Politische abzubilden. Als Kern des Politikunterrichts nehmen Basiskonzepte eine Schanierfunktion zwischen Kompetenzen und Wissen ein. Bisherige Basis­konzepte sind theorieursprünglich. Erfolgreiche Lehr-/Lernprozesse setzen jedoch beim Subjekt an und differenzieren Subjektwissen fachlich aus. Die Entwicklung subjektursprünglicher und fachwis­senschaftlich ausdifferenzierter Basiskonzepte ist das Anliegen der Dissertation. Die Arbeit leistet einen didaktischen Politikbegriff. Um dieses Ziel zu erreichen, bedient sich die Arbeit der Didaktischen Rekonstruktion. In mehreren problemzentrierten Einzelinterviews beschrieben Schüler den Ist- und Soll-Zustand von Politik mit der zentralen Frage: „Wie denkst du Politik?“. Die Auswertung erfolgte mit der qualitativen Inhaltsanalyse, sodass subjekt­ursprüngliche Basiskonzepte, verdichtet zu einem subjektbezogenen Politikbegriff, entwickelt werden konnten (Erfassung der Lernerperspektive). Diese Basiskonzepte wurden fachlich ausdifferenziert, indem politikwissenschaftliche Quellen, ausgewer­tet mit der qualitativen Inhaltsanalyse, zur ver­tieften Deutung herangezogen wurden (Fachliche Klärung). Der dadurch entwickelte demokratiethe­oretische Politikbegriff wurde mit dem subjektbe­zogenen verglichen, indem die Gemeinsamkeiten, Verschiedenheiten, Begrenztheiten und Eigenheiten beider Begriffe herausgearbeitet wurden (Didakti­sche Strukturierung). Dieser Vergleich mündete in einen didaktischen Politikbegriff.

    Der didaktische Politikbegriff erweitert den obigen Begriff um das regelungsbedürftige Verhältnis zwischen Individuum und Kollektiv, das sich in den vier Basiskonzepten „alltägliches Zusammenleben“, „Mitbestimmung“, „Meinungsvielfalt“ und „soziale Gerechtigkeit“ äußert. Die Konzepte verbinden sich entlang der Autonomie und Gerechtigkeit für Individuum und Kollektiv, dem kodifizierten Recht unter Beachtung moralisch richtiger Handlungen sowie der Integration von Individuum und Kollektiv, die eine positive Einstellung zueinander einnehmen.

    Die Arbeit ist 2018 unter dem Titel "Wie denkst du Politik?" im Springer-Verlag erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Bianca Roitsch: Soziale Praxis und Handlungsspielräume im Umfeld nationalsozialistischer Zwangslager am Beispiel der Orte Bergen, Esterwegen und Moringen 1930-1960

    Promovendin:
    Bianca Roitsch

    Thema:
    Mehr als nur Zaungäste. Soziale Praktiken und Sagbarkeiten von Akteuren im Umfeld der (ehemaligen) nationalsozialistischen Exklusionslager am Beispiel von Bergen-Belsen, Esterwegen und Moringen 1933-1960.
    Erstbetreuung: Apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    Wenngleich der Stacheldrahtzaun als Barriere bis heute die Abgrenzung der nationalsozialistischen Exklusionslager von ihrer Außenwelt wirkmächtig symbolisiert, waren diese totalen Institutionen keineswegs vollständig von der übrigen Gesellschaft abgeschottet. Stattdessen entfaltete sich zwischen Personal, Insassen und Anwohnern ein Verhältnis, das weit über bloße gegenseitige Ahnungen und Mutmaßungen hinausreichte. In diesem Sinne sollten die Türen und Tore der Exklusionslager als spannungsreiche Transferräume begriffen werden, deren tägliche Durchquerung in jedem Fall einkalkuliert war.

    Entsprechend wählt die Studie einen kumulativ-vergleichend angelegten Zugang, mit dessen Hilfe die charakteristischen Handlungs- und Sprechweisen in drei ländlich geprägten Gemeinden mit einem nationalsozialistischen Exklusionslager zwischen 1933 und 1945 extrahiert und systematisiert werden können. Thematische Schwerpunkte bilden dabei die institutionelle Zuschaustellung der Lager Bergen-Belsen, Esterwegen und Moringen, wirtschaftliche Kooperationen, die Bedeutung physischer Gewalt, Konfliktpotentiale sowie Gewöhnungseffekte und die Verfolgung persönlicher Interessen. Dabei verdeutlichen die Verhaltensweisen der ›Zaungäste‹ nicht nur die Spielräume zwischen Zustimmung und Mitmachen, Distanzierung und Verweigerung in der Interaktion mit den Insassen und dem Personal der Lager vor 1945.

    Darüber hinaus zeigt die vorliegende Arbeit, dass ›das Lokale‹ nicht nur eine enorme Bedeutung für die Ausprägung gesellschaftlicher Bindekräfte und die langfristige Fortschreibung von Gruppenzugehörigkeiten hatte, sondern auch einen wesentlichen – wenn auch nicht den einzigen – Bezugsrahmen für erinnerungspolitische Konstrukte nach 1945 bildete, weil hier das eigene Opfernarrativ sowie Ressentiments gegenüber gesellschaftlichen Außenseitern als kommunikative Ventile tradiert wurden und weitgehend sagbar blieben. Wie die vorliegende Arbeit zudem anhand von Entnazifizierungsverfahren, dem Umgang mit Gedenkstätten und Häftlingsfriedhöfen sowie der Tradierung lokaler Meistererzählungen zeigt, stellten die Lager nach 1945 aus der Perspektive der Akteure vor Ort sowohl soziale Konfliktherde als auch eine Bedrohung für deren ersehnte Reputation als rechtschaffene Landbewohner dar.

    Das Buch ist 2018 im Schöningh-Verlag in der Reihe „Nationalsozialistische ‚Volksgemeinschaft‘ – Studien zu Konstruktion, gesellschaftlicher Wirkungsmacht und Erinnerung“ als Band 9 erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Sven Rößler: Rationalität, Krise, Gewalt - Prolegomena zu einer Didaktik der Moderne nach Motiven im politischen Denken Hannah Arendts

    Promovend:
    Sven Rößler

    Thema:
    Rationalität, krise, Gewalt - Prolegomena zu einer Didaktik der Moderne nach Motiven im politischen Denken Hannah Arendts
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dirk Lange
    Zweitbetreuung: Prof. Dr. Andreas Eis

    Kurzdarstellung:
    Mit einem Urbanisierungsgrad von derzeit 50 % der Weltbevölkerung ist die klassische Moderne global überhaupt erst im Begriff, Gestalt anzunehmen. Grund genug, sich im Studium der klassischen Theorien der Moderne zu üben, um zu einem der Gegenwart angemessenen Weltverständnis zu gelangen. – Theorien der Moderne, nicht der Modernisierung wohlgemerkt: Kaum ver­hängnisvoller könnte sein, die in neuzeitlicher Allmachtsphantasie angelegte moderne Apotheose der „Arbeit“ theoretisch, d.h. in der Theorie, nach­zuvollziehen. Es gilt vielmehr, im Sinne Benjamins, vom Sturm des Fortschritts unaufhaltsam in die Zukunft getrieben, das Angesicht auf die Toten, Trümmer und das Zerschlagene zu richten – „Daß sich solchen Augen ein einstimmiger, dialektisch einsichtiger, vernünftig deutbarer Prozeß darbie­ten könnte, davon kann wohl keine Rede sein“ (Arendt). Wie wenig „dialektisch einsichtig, ver­nünftig deutbar“ die „Kette der Begebenheiten“ des fortwirkenden 20. Jahrhunderts sich darstellt und welche didaktischen Konsequenzen aus ih­rer wirkmächtigen Aktualität zu ziehen sind, soll Thema der vorzulegenden Abhandlung sein und ist es in den dieser zugrunde gelegten Schriften. Die Umständlichkeit des Titels „Rationalität, Krise, Gewalt – Prolegomena zu einer Didaktik der Moderne nach Motiven im politischen Denken Hannah Arendts“ hat dabei programmatischen Charakter: Sie nimmt in ihrer Selbstbescheidung das Ergebnis eines gebotenen Vorbehaltes gegen­über scheinbaren Evidenzen der Empirie und von Selbstgewissheiten in den Verstandesleistungen bereits vorweg. Eine, im wortursprünglichen Sinne, an Arendt sich in-form-ierende („eine Gestalt ge­bende“) Didaktik der Moderne kann dabei weniger an Inhalten ausgerichtet sein, meint aber auch keine isolierten Konzepte oder Kompetenzen, son­dern ist primär an der Vermittlung, besser noch: Kultivierung einer urteilenden Haltung ausgerich­tet, die sich nicht beliebig in ihre Bestandteile zerle­gen oder von ihrem Gegenstand ablösen lässt.

    Die Arbeit ist 2019 im BIS-Verlag der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg in der Reihe "Oldenburger Beiträge zur historisch-politischen Bildung" als Band 14 erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Christine Schoenmakers: "Die Belange der Volksgemeinschaft erfordern gebieterisch..." - Bremer Juristen als Akteure lokaler Herrschaftspraxis im Nationalsozialismus

    Promovendin:
    Christine Schoenmakers

    Thema:
    "Die Belange der Volksgemeinschaft erfordern gebieterisch..." - Bremer Juristen als Akteure lokaler Herrschaftspraxis im Nationalsozialismus
    Erstbetreuung: Prof. Dr. Dietmar von Reeken (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)
    Zweitbetreuung: apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann

    Kurzdarstellung:
    Die Dissertation untersucht den Beitrag von Bremer Juristen zur lokalen Durchsetzung von NS-Herrschaft und fragt nach den (Nach-)Wirkungen, die die Idee einer nationalsozialistischen‚ Volksgemeinschaft‘ in diesem Kontext gehabt hat. Dies ist für die Hansestadt bislang noch nicht systematisch untersucht worden und die Arbeit möchte daher eine Lücke in der regionalen Forschung um die NS-Zeit in Bremen schließen.

    Zum einen geht es dabei um die Zusammenhänge zwischen‚ Volksgemeinschaft‘ und Recht bzw. Rechtsprechung. Juristen prägten höchst wahrnehmbar das Bild von ‚Volksgemeinschaft‘ in der Bremer Öffentlichkeit. Dabei bot die NS-Ideologie, und hier ganz im Speziellen die Volksgemeinschaftsidee, den Rahmen für die Mobilisierung und Disziplinierung der örtlichen Gesellschaft für den Nationalsozialismus. Die Arbeit untersucht die Art und Weise, wie die Juristen am Bremer Amts-, Land- und Sondergericht durch das Strafrecht die Grenzziehung zwischen ‚Volksgenossen‘ und ‚Gemeinschaftsfremden‘ und eine Erziehungswirkung im nationalsozialistischen Sinne sicherstellten.

    Danach gilt der Blick den eigentlichen Akteuren, den Bremer Richtern, Staats- und Rechtsanwälten. Die Idee der ‚Volksgemeinschaft‘ war die Basis für ihre aktive Unterstützung des NS-Regimes. Die Offenheit der NS-Gemeinschaftsidee erlaubte ihnen vielfältige Anknüpfungs- und Integrationsmöglichkeiten im ‚ Dritten Reich‘. Es stellen sich Fragen nach den Gründen des Mitmachens und der Selbstgleichschaltung ihrer Berufsgruppe. Hierbei ist herauszuarbeiten, welche Angebote die Nationalsozialisten den bremischen Juristen gemacht haben, um Konformität und Zustimmung zu erzeugen. Darüber hinaus werden Konfliktlinien innerhalb der Bremer Justiz, aber auch zwischen lokaler Gerichtsbarkeit und den vorgesetzten Behörden in Hamburg und Berlin sowie politischen Instanzen auf Gauebene beleuchtet. In diesem Spannungsfeld von Lokalmilieu und Reichsebene verortet die Arbeit individuelle Handlungsspielräume der Akteure.

    Schließlich beleuchtet die Arbeit das Fortwirken der nationalsozialistischen Ideologie nach 1945. In Bremen überlebte die‚ Volksgemeinschaft‘ das Kriegsende einerseits durch personelle Kontinuitäten, andererseits durch Verklärung und Entlastungsstrategien ihrer Akteure. Es geht daher auch um die Rahmenbedingungen für die gescheiterte Entnazifizierung und Ahndung des Justizunrechts sowie um die mangelhafte Aufarbeitung der NS-Vergangenheit unter den in der unmittelbaren Nachkriegszeit vielfach wiedereingestellten ehemaligen Juristen des ‚Dritten Reiches‘.

    Das Buch ist 2015 im Schöningh-Verlag in der Reihe „Nationalsozialistische ‚Volksgemeinschaft‘ – Studien zu Konstruktion, gesellschaftlicher Wirkungsmacht und Erinnerung“ als Band 6 erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.

  • Teresa Willenborg: Nachkriegszeit in Niedersachsen in den Erinnerungen der deutschen Schlesier (1945-1950)

    Promovendin:
    Teresa Willenborg

    Thema:
    Nachkriegszeit in Niederschlesien in den Erinnerungen der deutschen Schlesier (1945-1950)
    Erstbetreuung: Prof. Michele Barricelli
    Zweitbetreuung: Prof. Dr. Malte Rolf

    Kurzdarstellung:
    Auf der Konferenz in Potsdam 1945 haben die Siegermächte die ehemaligen preußischen Ostprovinzen östlich von Oder und Lausitzer Neiße dem polnischen Staat zuerkannt. Die Eingliederung der Nord- und Westgebiete an Polen sowie die Festigung des Polentums in den neuen Gebieten setzten politische und gesellschaftliche Prozesse in Gang, die den deutschen Charakter des niederschlesischen Raums veränderten. Grundlegende Frage des avisierten Promotionsvorhabens ist, wie Deutsche in Niederschlesien die tiefgreifenden politischen und gesellschaftlichen Umbrüche und den Aufbau des polnischen Staates nach 1945 erlebten? Anhand von Briefen, Tagebüchern und Erinnerungsberichten werden Einstellungen, Mentalitäten sowie Selbst- und Situationsbeschreibungen der Deutschen rekonstruiert, um deren Umgang mit dem Wandlungsprozess in Niederschlesien darzustellen. Dabei wird die subjektive Betrachtung der deutschen Niederschlesier, wie: Erwartungen, Hoffnungen, Umbruchserfahrungen, Entwurzlungen in den Blick genommen und in einen breiteren gesellschaftspolitischen Kontext der Nachkriegszeit gestellt. Durch die Betrachtung „von unten“ wird die Prägekraft der Verbundenheit mit dem Vaterland und zugleich die (Zwangs) Anpassung an den polnischen Staat sichtbar. Vor dem Hintergrund dieses Spannungsverhältnisses ist die subjektive Bedeutung des Heimatverlustes mit den Auswirkungen auf das eigene Selbstbild zu konfrontieren. Die vergessenen Schicksale der deutschen Niederschlesier werden im Kontext der deutsch-polnischen Nachkriegsgeschichte verortet.

    Die Arbeit ist 2019 im tredition-Verlag unter dem Titel "Fremd in der Heimat - Deutsche im Nachkriegspolen 1945-58" erschienen. Einen Link zu der Publikation finden Sie hier.