Konferenz "Technische Hochschulen in der Zeit des Nationalsozialismus"
Leitung: | Prof. Dr. Michele Barricelli, Dr. Michael Jung, apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann |
Jahr: | 2015 |
Förderung: | Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Philosophische Fakultät der LUH, Leibniz-Universitätsgesellschaft Hannover e.V. |
Laufzeit: | 02/2015 - 06/2016 |
Ist abgeschlossen: | ja |
Im Verhältnis zum teils intensiven Rückblick auf die Geschichte der traditionellen Universitäten ist die Forschung zum Thema „Technische Hochschulen in der Zeit des Nationalsozialismus“ bisher zurückgeblieben. Sporadisch und insgesamt wenig systematisch haben diese in Deutschland hoch bedeutsamen Bildungsanstalten sich ihrer Rolle in der nationalsozialistischen Diktatur durch wissenschaftliche Aufklärung und Aufarbeitung gestellt. Mittlerweile ist ein freilich sehr verstreut publizierter Forschungsstand erreicht, der es lohnend erscheinen ließ, eine Tagung durchzuführen, welche die hauptsächlichen Aspekte bisheriger Forschung bilanziert und, so die Erwartung, inspirierend auf weitere Forschungen wirken könnte. Um dies zu erreichen, sollte es im Rahmen der Tagung wesentlich nicht um eine quantitative, sondern um eine qualitative, an den Forschungszuschnitten, Leitfragen und Konzepten orientierte Bestandsaufnahme gehen, die vielfältige, einigermaßen gesicherte Erkenntnisse über den Grad der Verstrickung der Hochschulen (einschließlich einiger „ordentlicher“ Universitäten) in den Nationalsozialismus liefern, Übereinstimmungen und Kontroversen in der Forschungslandschaft sichtbar machen und etablierten wie neu dazukommenden Akteuren Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit der Thematik aufzeigen sollte.
Zwischen 1933 und 1945 existierten in Deutschland (ab 1938 einschl. Österreich) 13 Technische Hochschulen (TH): Aachen, Berlin, Braunschweig, Breslau, Danzig, Darmstadt, Dresden, Hannover, Karlsruhe, München, und Stuttgart sowie Graz und Wien. Die TH haben nach bisherigen Erkenntnissen von Beginn an das nationalsozialistische Regime aus sich selbst heraus aktiv unterstützt. Dies zeigte sich bei der Auswahl und den Formen der Ausbildung des technischen Nachwuchses genauso wie im Hinblick auf die Neuausrichtung der kriegsvorbereitenden bzw. kriegswichtigen Forschung und Entwicklung. Nach 1945 jedoch gab es über mindestens drei Jahrzehnte keinerlei Ansätze, die Geschichte der TH während der Zeit des Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Gerade zu Anlässen wie besonders den runden Gründungsjubiläen, wurde über das Maß an Verstrickung und Verantwortung nahezu vollständig hinweggegangen. Bis in die 1970er Jahre hinein stellten sich die TH, wo die Erwähnung der NS-Vergangenheit doch unumgänglich wurde, regelmäßig als Opfer einer finsteren Macht dar und negierten jede Rolle als systemisch handelnde Akteure. Erst 1979 setzte sich die erste TU mit ihrer NS-Geschichte auseinander (Berlin). Über fast allen anderen ehemaligen TH und vergleichbaren Einrichtungen lag jedoch bis Mitte der 1990er Jahre noch ein dicht gewebter Mantel des Schweigens. Im Jahre 1995 erschienen immerhin im Rahmen einer Festschrift an der TU Braunschweig eine Reihe von Beiträgen, die sich ausführlich mit einzelnen Einrichtungen der Hochschule und Einzelaspekten im und über den Nationalsozialismus beschäftigten und wurden eineinhalb Jahrzehnte später ergänzt durch Monographien zu Verfolgten und Tätern. Die „Schwerte/Schneider“-Affäre Mitte der 1990er führte 2003 zur Veröffentlichung der ersten Monographie über die NS-Geschichte einer TH in Deutschland (Aachen). Aus der Leibniz Universität Hannover heraus erschienen zwischen 2002 und 2013 vier Abhandlungen zum Themenkreis. Darüber hinaus wurde eine Senats-AG zur Aufarbeitung der NS-Geschichte eingerichtet. Die Technische Universität Darmstadt richtete ihrerseits Anfang 2010 ein Forschungsprojekt ein, aus dem ein Sammelband und zwei Monographien hervorgingen. Insgesamt ergibt sich so das Bild, dass von sieben TH in Deutschland und zweien in Österreich zumindest punktuelle Untersuchungen über deren Geschichte im Nationalsozialismus vorliegen. Im Umfeld von drei weiteren wird zumindest an Einzelaspekten gearbeitet. Mit Stand und Perspektiven der Forschung zum Thema „Technische Hochschulen in der Zeit des Nationalsozialismus“ beschäftigten sich am 11. und 12. Mai 2015 bei der Tagung in Hannover über 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 20 Hochschulen und hochschulnahen Einrichtungen. Vertreten waren unter anderen fast alle der in der NS-Zeit bestehenden Technischen Hochschulen in Deutschland und Österreich.